Bundesfinanzhof klärt Frist für Günstigerprüfung bei Kapitaleinkünften

Steuerberater online: Antrag nach Ablauf der Einspruchsfrist nicht mehr zulässig

Steuerberater online: Antrag nach Ablauf der Einspruchsfrist nicht mehr zulässig

Der Bundesfinanzhof hat kürzlich sein Urteil über den zulässigen Zeitpunkt für einen Antrag auf Günstigerprüfung nach § 32d Absatz 6 des Einkommensteuergesetzes veröffentlicht. Demnach ist ein Antrag nach Ablauf der Einspruchsfrist für den Einkommensteuerbescheid nicht mehr zulässig.

Wie funktioniert die Abgeltungsteuer?

Kapitalerträge werden grundsätzlich seit 2009 mit der sogenannten „Abgeltungsteuer“ besteuert, einer Form der Kapitalertragsteuer, die pauschal 25 % der Einkünfte, die den Freibetrag (801 Euro für Alleinstehende bzw. 1.602 Euro für Verheiratete) überschreiten, beträgt. Zusätzlich fallen Solidaritätszuschlag sowie gegebenenfalls Kirchensteuer an. Ausländische Steuern auf Kapitalerträge vermindern die Einkommensteuer. Bei Kirchensteuerpflicht ermäßigt sich die Einkommensteuer um 25 % der auf die Kapitalerträge entfallenden Kirchensteuer. Dagegen wurden bis zum Jahr 2008 Kapitalerträge, die die entsprechenden Freibeträge überstiegen, entweder ganz oder zum Teil mit dem individuellen Einkommensteuersatz versteuert. In einigen Fällen liegt jedoch der individuelle Einkommensteuersatz unter 25 %, sodass eine Besteuerung der Kapitaleinkünfte mit dem individuellen Einkommensteuersatz für den Steuerpflichtigen günstiger wäre als die Besteuerung mit der pauschalen Abgeltungsteuer. Da durch die Einführung der Abgeltungsteuer kein Steuerpflichtiger schlechter gestellt werden sollte, wurde vom Gesetzgeber die Möglichkeit eingeräumt, auf Antrag auch nach 2009 Kapitalerträge mit dem individuellen Einkommensteuertarif besteuern zu lassen.

Was ist die Günstigerprüfung für Kapitalerträge?

Da durch die Einführung der Abgeltungsteuer kein Steuerpflichtiger schlechter gestellt werden soll, besteht in diesen Fällen die Möglichkeit, einen Antrag auf die sogenannte „Günstigerprüfung“ zu stellen. Bei der Günstigerprüfung für Kapitaleinkünfte prüft das Finanzamt, ob es steuerlich vorteilhafter ist, wenn der Steuerpflichtige die Einkünfte in seine regulären Einkünfte einbezieht, statt die Abgeltungssteuer zu zahlen. Die Option zur Günstigerprüfung über die Steuererklärung ist nur einheitlich für sämtliche Kapitalerträge des betreffenden Jahres möglich, kann also nicht auf einzelne Erträge beschränkt werden. Im Gegensatz zu den anderen Günstigerprüfungen, die das Einkommensteuerrecht kennt (bspw. Kindergeld vs. Kinderfreibetrag), wird die Günstigerprüfung bei den Kapitalerträgen nicht automatisch durch das Finanzamt vorgenommen, sondern nur auf Antrag des Steuerpflichtigen. Beantragt wird die Günstigerprüfung, indem man den entsprechenden Vermerk in der Anlage KAP setzt. Verheiratete müssen die Anlage KAP der Steuererklärung stets doppelt abgeben, auch dann, wenn sie gemeinsam veranlagt werden.

Das aktuelle Urteil des Bundesfinanzhofes

Der Bundesfinanzhof hat sich mit der Frage beschäftigt, wie lange ein Antrag auf die Günstigerprüfung bei Kapitalerträgen möglich ist. Grundsätzlich existiert keine Frist für den Antrag auf Günstigerprüfung. Im verhandelten Fall hatte die Klägerin nach Ablauf der Einspruchsfrist für ihren Einkommensteuerbescheid einen Antrag auf Günstigerprüfung nach § 32d Absatz 6 des Einkommensteuergesetzes gestellt. Zwar existiert laut Einkommensteuergesetz grundsätzlich keine Frist für die Antragstellung auf Günstigerprüfung. Nach Ansicht des Bundesfinanzhofes ergibt sich jedoch eine zeitliche Befristung für den Antrag aus der Bestandskraft der Steuerfestsetzung, d.h. nachdem die Einspruchsfrist des Einkommensteuerbescheides verstrichen ist, ist ein Antrag auf Günstigerprüfung nur noch dann möglich, wenn die Voraussetzungen einer Änderungsvorschrift erfüllt sind. Eine Änderung des Einkommensteuerbescheides kommt nur dann in Betracht, wenn den Steuerpflichtigen an dem nachträglichen Bekanntwerden der abgegolten besteuerten Kapitaleinkünfte kein grobes Verschulden trifft. Mit dieser Entscheidung bestätigte der Bundesfinanzhof die zuvor ergangenen Urteile des Finanzamtes und des Finanzgerichtes. Vor dem Hintergrund dieses Urteils ist allen Steuerpflichtigen, die im Zweifel sind, welche Besteuerung vorteilhafter ist, anzuraten, immer alle Kapitalerträge in der Steuererklärung zu erfassen und den Antrag auf Günstigerprüfung zu stellen.
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