Erbschaftsteuer: Steuerschulden des Erblassers wirken nur in festgesetzter Höhe erwerbsmindernd

Steuerberater online: Bundesfinanzhof ändert seine frühere Rechtsprechung

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In seinem kürzlich ergangenen Urteil weicht der Bundesfinanzhof von seiner bisherigen Rechtsprechung ab, indem er Steuerschulden eines Erblassers nur insoweit als das Erbe mindernd berücksichtigt, wie die Steuerschulden auch tatsächlich als Steuernachzahlung durch das Finanzamt festgesetzt werden.

Wann fällt Erbschaftsteuer an?

Erbschaftsteuer wird beim unentgeltlichen Vermögensübergang von Todes wegen erhoben. Die Erbschaftsteuer soll gemäß dem sogenannten „Bereicherungsprinzip“ die beim Erben eingetretene Steigerung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit besteuern. Steuerpflichtiger ist daher der Erbe. Bemessungsgrundlage der Erbschaftsteuer ist der steuerpflichtige Erwerb, d.h. die Bereicherung des Erwerbers, soweit dieser nicht steuerfrei ist. Von diesem Wert sind die persönlichen Freibeträge je nach Erbschaftsteuerklasse sowie eventuelle Nachlassverbindlichkeiten abzuziehen.

Was sind Nachlassverbindlichkeiten?

Gemäß dem Erbschaftsteuergesetz sind bei der Ermittlung des Vermögensanfalls bestimmte Nachlassverbindlichkeiten mindernd zu berücksichtigen. Diese Nachlassverbindlichkeiten lassen sich in drei Gruppen einteilen: 1. Erblasserverbindlichkeiten, 2. Erbfallverbindlichkeiten, 3. Erbfallkosten. Erblasserverbindlichkeiten sind Verbindlichkeiten, die zu Lebzeiten des Erblassers entstanden sind und in dessen Person begründet sind, d.h. persönliche Verpflichtungen des Erblassers oder solche, die auf seinem Vermögen lasten. Als Erblasserverbindlichkeiten sind auch Steuerschulden des Erblassers abzugsfähig, wenn sie im Todeszeitpunkt eine wirtschaftliche Belastung darstellen. Gemäß einem Urteil des Bundesfinanzhofes aus dem Jahr 2012 gehören nicht nur Steuerschulden aus den Vorjahren, die zum Zeitpunkt des Erbfalls bereits entstanden waren, zu den abzugsfähigen Nachlassverbindlichkeiten, sondern auch die Steuerverbindlichkeiten, die der Erblasser im Todesjahr durch die Verwirklichung von Steuertatbeständen, wie z.B. Mieteinnahmen, begründet hat. Erbfallverbindlichkeiten entstehen anlässlich des Erbfalls und sind Verbindlichkeiten aus Vermächtnissen, geltend gemachten Pflichtteilen und Auflagen. Verpflichtungen aus Vermächtnissen oder Auflagen entstehen mit Eintritt des Erbfalles und sind daher sofort abzugsfähig, Verbindlichkeiten aus Pflichtteilen sind dagegen nur dann abziehbar, wenn der Pflichtteilsanspruch auch tatsächlich geltend gemacht wird. Erbfallkosten sind nach dem Erbfall entstehende Verbindlichkeiten im Zusammenhang mit dem Erbfall, die den Erben treffen, wie z.B. Bestattungskosten, Kosten für Grabpflege sowie Kosten, die dem Erben im Zusammenhang mit der Regelung des Nachlasses entstehen. Ausdrücklich nicht zu diesen Verbindlichkeiten gehören Kosten für die Verwaltung des Nachlasses.

Welche Nachlassverbindlichkeiten sind nicht abzugsfähig?

Nicht als Nachlassverbindlichkeiten abzugsfähig sind Schulden im Zusammenhang mit Vermögensgegenständen, die nicht der Erbschaftsteuer unterliegen. Ist die Besteuerung bei grenzüberschreitenden Erbfällen auf einzelne Vermögensgegenstände beschränkt, so sind nur die mit diesen Vermögensgegenständen in wirtschaftlichem Zusammenhang stehenden Schulden abzugsfähig. Darüber hinaus sind Kosten für die Verwaltung des Nachlasses, die Erbschaftsteuer selbst und vom Erblasser angeordnete Verfügungsbeschränkungen nicht abzugsfähig.

Wie werden geerbte Steuerschulden erbschaftsteuerlich behandelt?

Ein Erbe haftet grundsätzlich auch für die geerbten Verbindlichkeiten, sofern er das Erbe nicht ausschlägt. Steuerschulden nehmen unter den Verbindlichkeiten eine besondere Stellung ein: Entdeckt der Erbe, dass der Erblasser seine Einkünfte nicht angemessen versteuert hat, muss er die Steuerhinterziehung umgehend dem zuständigen Finanzamt melden. Im Nachlass befindliche Steuerschulden müssen inklusive Zinsen vom Erben nachgezahlt werden. Die Steuerschulden mindern dann das zu versteuernde Erbe.

Die frühere Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes

In früheren Urteilen gestand der Bundesfinanzhof dem Erben eine wirtschaftliche Belastung bereits zu, wenn eine Steuerhinterziehung des Erblassers vorlag und der Erbe das zuständige Finanzamt zeitnah darüber informierte. Dies ist nach der neuen Rechtsprechung nicht mehr ausreichend: Nun muss das Finanzamt die hinterzogene Steuer auch tatsächlich festsetzen und den Erben somit zur Zahlung verpflichten.

Das aktuelle Urteil des Bundesfinanzhofes

Nach der aktuellen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes wirken Steuerschulden, die auf einer Steuerhinterziehung des Erblassers beruhen, nur dann erbschaftsteuermindernd, soweit die hinterzogene Steuer nach dem Erbfall auch tatsächlich vom Finanzamt festgesetzt wird. Im Streitfall informierte der Kläger als Erbe das Finanzamt darüber, dass die Erblasserin Zinsen aus im EU-Ausland angelegtem Kapitalvermögen nicht versteuert hatte. Das Finanzamt setzte daraufhin die Einkommensteuer nachträglich gegen die Erben fest. Fälschlicherweise legte das Finanzamt die Beträge jedoch in D-Mark statt in Euro zugrunde, sodass sich eine zu niedrige Einkommensteuer ergab. Der Kläger machte die Einkommensteuersteuerschuld dennoch in ihrer eigentlich zutreffenden Höhe als Nachlassverbindlichkeit bei der Erbschaftsteuer geltend. Das für die Erbschaftsteuer zuständige Finanzamt erkannte allerdings nur die tatsächlich festgesetzte Einkommensteuer als Nachlassverbindlichkeit an. Dieser Auffassung schloss sich der Bundesfinanzhof an.

Urteilsbegründung des Bundesfinanzhofes

Bei der Erbschaftsteuer gilt das sogenannte „Bereicherungsprinzip“, demzufolge die vom Erblasser herrührenden Schulden den steuerpflichtigen Erwerb des Erben mindern, sodass nur der tatsächliche Vermögenzuwachs des Erben besteuert wird. Dies erfordert allerdings eine tatsächliche wirtschaftliche Belastung des Erben. Eine wirtschaftliche Belastung liegt aber nur dann vor, wenn die Finanzbehörde die hinterzogene Steuer später auch tatsächlich festsetzt. Steuern erwerbsmindernd zu berücksichtigen, die beim Eintritt des Erbfalls aufgrund der Hinterziehung keine wirtschaftliche Belastung darstellten und auch später den Erben mangels Festsetzung nicht belasten, wäre daher ein Verstoß gegen das Bereicherungsprinzip.
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