Bundesfinanzhof bekräftigt umsatzsteuerliche Unterscheidung von gedruckten und elektronischen Büchern

Steuerberater online: Für E-Books gilt kein ermäßigter Umsatzsteuersatz

Steuerberater online: Für E-Books gilt kein ermäßigter Umsatzsteuersatz

Der Bundesfinanzhof, das oberste deutsche Steuergericht, hat kürzlich ein Urteil des Europäischen Gerichtshofes bestätigt, nach dem für gedruckte Bücher nur der ermäßigte Umsatzsteuersatz von sieben Prozent fällig wird, bei elektronischen Büchern dagegen der reguläre Steuersatz in Höhe von 19 Prozent.

Wofür gilt der ermäßigte Umsatzsteuersatz?

Das Umsatzsteuergesetz enthält eine lange Liste von dem ermäßigten Steuersatz unterliegenden Gegenständen. In dieser Anlage enthalten sind unter anderem Bücher, die als Kulturgüter gelten. Daher muss in Deutschland beim Erwerb eines gedruckten Buches nur die ermäßigte Umsatzsteuer von sieben Prozent entrichtet werden.

Wofür gilt der ermäßigte Umsatzsteuersatz nicht?

Dieser ermäßigte Umsatzsteuersatz gilt jedoch nicht für digitale Sprachwerke, da diese nach Auffassung des Bundesfinanzhofes keine Bücher im steuerrechtlichen Sinne darstellen, sondern sogenannte „elektronisch erbrachte Dienstleistungen“. Daher gilt für elektronische Bücher, sogenannte E-Books, der reguläre Umsatzsteuersatz in Höhe von 19 Prozent. In Fällen, in denen gedruckte Bücher geliefert werden und dem Kunden zugleich die elektronische Version zur Verfügung gestellt wird, verlangt die Finanzverwaltung eine Entgeltsaufteilung.

Was sind elektronisch erbrachte Dienstleistungen?

Im deutschen Umsatzsteuergesetz existiert keine Definition der elektronisch erbrachten Dienstleistungen. Eine Definition nach EU-Recht findet sich in der Mehrwertsteuer-Durchführungsverordnung. Hier werden elektronisch erbrachte Dienstleistungen definiert als Dienstleistungen, die über das Internet erbracht werden, deren Erbringung aufgrund ihrer Art im Wesentlichen automatisiert und nur mit minimaler menschlicher Beteiligung erfolgt und ohne Informationstechnologie nicht möglich wäre. Elektronisch erbrachte Dienstleistungen sind demnach alle sonstigen Dienstleistungen, die ihrer Art nach nur über das Internet erbracht werden können.

Das aktuelle Urteil des Bundesfinanzhofes

Der kürzlich vom Bundesfinanzhof entschiedene Fall betrifft eine Online-Ausleihe von E-Books. Bei der Online-Ausleihe handelt es sich um das digitale Abrufen von Sprachwerken über das Internet. Das Sprachwerk verbleibt hierbei auf dem Server des Verleihers und wird nicht auf dem Computer des Ausleihers gespeichert. Die Klägerin räumte Bibliotheken Nutzungsrechte an digitalisierten Sprachwerken ein. Die Bibliotheken ermöglichten ihren Nutzern, die lizenzierten Sprachwerke über das Internet von den Servern der Klägerin abzurufen. In ihren monatlichen Umsatzsteuervoranmeldungen für den Veranlagungszeitraum 2011 unterwarf die Klägerin die Umsätze aus der Bereitstellung der digitalisierten Inhalte aufgrund der Bestellungen durch die Bibliotheken dem ermäßigten Umsatzsteuersatz. Finanzamt und Finanzgericht Baden-Württemberg hingegen unterwarfen die Leistungen der Klägerin an die Bibliotheken dem Regelsteuersatz, wogegen die Klägerin Revision beim Bundesfinanzhof einlegte. Dieser gab dem Finanzamt und Finanzgericht jedoch recht.

Urteilsbegründung des Bundesfinanzhofes

Der Vorgang der Online-Ausleihe ist nach Auffassung des Bundesfinanzhofes als elektronisch erbrachte Dienstleistung anzusehen, sodass der Regelsteuersatz anzuwenden ist. Der ermäßigte Steuersatz sei dagegen nicht anzuwenden, da digitale Sprachwerke keine Bücher im Sinne des Umsatzsteuergesetzes seien. Das folge insbesondere aus der Mehrwertsteuersystem-Richtlinie des Unionsrechtes, das dem nationalen Umsatzsteuerrecht zugrunde liegt, und nach welchem eine Steuersatzermäßigung für elektronisch erbrachte Dienstleistungen ausdrücklich ausgeschlossen ist. Aufgrund dieser Entscheidung ist davon auszugehen, dass auch für die Lieferung von E-Books, d.h. den Kauf des digitalen Sprachwerks zum Verbleib auf dem eigenen Computer, der Regelsteuersatz anzuwenden ist. Auch eine steuersatzermäßigte Einräumung von Rechten im Sinne des Urheberrechtsgesetzes verneint der Bundesfinanzhof: Die Einräumung, Übertragung und Wahrnehmung von Rechten, die sich aus dem Urheberrechtsgesetz ergeben, erfassen ausdrücklich keine elektronisch erbrachten Dienstleistungen. Der Bundesfinanzhof beruft sich in seiner Urteilsbegründung auf den Wortlaut der zugrunde liegenden EU-Mehrwertsteuersystem-Richtlinie. Diese schließt den ermäßigten Steuersatz aus, wenn dem Buch ein physischer Träger fehlt; digitale oder elektronische Sprachwerke fallen daher nicht unter die Steuerermäßigung. Auch die Steuersatzermäßigung auf Dienstleistungen von Schriftstellern, Komponisten und ausübenden Künstlern nach dem Urheberrechtsgesetz schließt die Mehrwertsteuersystem-Richtlinie für elektronisch erbrachte Dienstleistungen explizit aus.

Hintergrund: Die Mehrwertsteuersystem-Richtlinie der Europäischen Union

Die Steuerermäßigung für die Vermietung von Büchern beruht unionsrechtlich auf der Richtlinie des Rates vom 28.11.2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem, die sogenannte „Mehrwertsteuersystem-Richtlinie“. Nach dieser können die Mitgliedstaaten einen oder zwei ermäßigte Steuersätze anwenden, allerdings nur auf die Lieferungen von Gegenständen und die Dienstleistungen der im Anhang genannten Kategorien. Diese beinhalten die Lieferung von Büchern auf jeglichen physischen Trägern, einschließlich des Verleihs durch Büchereien. Die ermäßigten Steuersätze sind jedoch nicht anwendbar auf elektronisch erbrachte Dienstleistungen. Das Überlassen elektronischer Bücher fällt unter diese elektronisch erbrachten Dienstleistungen. Zudem fehlt es an dem vorausgesetzten physischen Träger. Daher sind die EU-Mitgliedstaaten nicht ermächtigt, einen ermäßigten Steuersatz auf die Lieferung von elektronischen Büchern anzuwenden.
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