Bundesfinanzhof entscheidet über Besteuerung von Abfindungen bei beschränkter Steuerpflicht

Steuerberater online: Abfindungen sind grundsätzlich im Ansässigkeitsstaat zu besteuern

Steuerberater online: Abfindungen sind grundsätzlich im Ansässigkeitsstaat zu besteuern

Aufgrund des progressiven Einkommensteuertarifs kann es bei der Zahlung einer Abfindung zu einem erheblichen Anstieg des persönlichen Einkommensteuersatzes des Arbeitnehmers kommen. Bei Erfüllen bestimmter Voraussetzungen lassen sich die steuerlichen Nachteile jedoch abmildern. Diese Möglichkeit besteht allerdings nicht bei beschränkter Steuerpflicht des Arbeitnehmers, da in diesem Fall das Besteuerungsrecht über die Abfindung nicht beim deutschen Staat liegt.

Was gilt steuerrechtlich als „Abfindung“?

Abfindungen sind finanzielle Leistungen, die der Arbeitnehmer als Ausgleich für die Nachteile erhält, die mit der Auflösung oder Änderung seines Arbeitsverhältnisses verbunden sind. Häufigste Gründe sind der Verlust des Arbeitsplatzes oder eine zeitliche Reduzierung der Wochenarbeitszeit. Im Wesentlichen stellen Abfindungen einen Ersatz für entgangene Einnahmen dar und gelten deshalb aus steuerlicher Sicht als in vollem Umfang steuerpflichtiger Arbeitslohn. Hingegen stellen Einnahmen, die der Arbeitgeber in Erfüllung arbeitsvertraglicher Vereinbarungen zahlt oder bei denen es sich um bereits bei Abschluss oder während des Arbeitsverhältnisses vereinbarte Vergütungen handelt, keine Abfindung dar.

Wie werden Abfindungen besteuert?

Abfindungen sind grundsätzlich in vollem Umfang der Einkommensteuer zu unterwerfen. Sozialversicherungsbeiträge fallen jedoch nicht an. Unter bestimmten Voraussetzungen können diese außerordentlichen Einkünfte jedoch unter Anwendung der sogenannten „Fünftelregelung“ ermäßigt besteuert werden. Bei der Fünftelregelung wird zunächst die Einkommensteuer auf das reguläre Jahreseinkommen ohne Abfindung berechnet. Dann wird die Abfindungssumme fiktiv auf fünf Jahre verteilt, ein Fünftel zum Jahreseinkommen hinzugerechnet und darauf wieder die Steuer ermittelt. Die Differenz der beiden Beträge wird mit fünf multipliziert und ergibt die Steuerzahllast auf die Abfindungssumme, die zu der regulären Einkommensteuer addiert wird.

Voraussetzungen für die begünstigende Besteuerung

Die Anwendung der Fünftelregelung ist an die Erfüllung bestimmter Voraussetzungen gebunden: • Die Abfindung muss eine Entschädigung für den Verlust des Arbeitsplatzes sein. Die Auflösung des Arbeitsverhältnisses muss vom Arbeitgeber veranlasst oder gerichtlich ausgesprochen sein. Nicht steuerbegünstigt ist demzufolge die Kündigung durch den Arbeitnehmer oder der Eintritt in den Ruhestand. • Die Zahlung der Abfindung darf nicht von vornherein im Arbeitsvertrag vereinbart sein. • Die Abfindung muss vollständig innerhalb eines Kalenderjahres in einer Summe gezahlt werden. Ausnahmsweise kann die Abfindungszahlung auf zwei Kalenderjahre verteilt sein, wenn die Entschädigung dennoch von vornherein in einer Summe vorgesehen war und nur wegen ihrer ungewöhnlichen Höhe und der besonderen Verhältnisse des zahlungspflichtigen Arbeitgebers auf zwei Jahre verteilt wurde. Auch ein existenzgefährdender Notfall des Arbeitnehmers, welcher dazu führte, dass er auf eine Vorauszahlung angewiesen war, ist möglich. Grundsätzlich hat der Bundesfinanzhof die Anwendung der Fünftelregelung bei Aufteilung der Abfindungszahlung auf zwei Jahre auch dann erlaubt, sofern die Teilleistung im Vergleich zur Hauptleistung nur äußerst geringfügig ist (maximal fünf Prozent der Hauptleistung). • Innerhalb des betreffenden Kalenderjahres muss eine Zusammenballung von Einkünften vorliegen, das heißt, dass der Arbeitnehmer in der Summe aus Abfindung, weiteren aus dem Wegfall des Dienstverhältnisses begründeten Einnahmen und restlichem laufenden Gehalt mehr verdient, als er bei Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses erhalten hätte. • Außer der Abfindung dürfen an den Mitarbeiter in den Folgejahren keine weiteren wesentlichen Leistungen des Arbeitgebers erfolgen.

Das aktuelle Urteil des Bundesfinanzhof

Der Bundesfinanzhof hat kürzlich über das Besteuerungsrecht Deutschlands für eine Abfindung entschieden, die an einen in die Schweiz verzogenen, zuvor im Inland tätigen Arbeitnehmer gezahlt wurde. Mit seinem Urteil bestätigte der Bundesfinanzhof die ständige Rechtsprechung, dass das Doppelbesteuerungsabkommen mit der Schweiz kein deutsches Besteuerungsrecht für eine Abfindungszahlung, die eine zuvor in Deutschland wohnende Person nach ihrem Wegzug in die Schweiz von ihrem bisherigen inländischen Arbeitgeber aus Anlass der Auflösung des Arbeitsverhältnisses erhält, zulässt. Gehälter, Löhne und ähnliche Vergütungen, die eine in einem Vertragsstaat ansässige Person aus unselbständiger Arbeit bezieht, können nur in diesem Staat besteuert werden, es sei denn, dass die Arbeit in dem anderen Vertragsstaat ausgeübt wird. Daraus folgt, dass Abfindungen anlässlich der Beendigung eines Dienstverhältnisses nicht im Tätigkeitsstaat (im vorliegenden Fall Deutschland), sondern im Ansässigkeitsstaat (hier: Schweiz) zu besteuern sind.

Was ist eine beschränkte Steuerpflicht?

Die beschränkte Steuerpflicht knüpft im Gegensatz zur unbeschränkten Steuerpflicht nicht an den Wohnsitz des Steuerpflichtigen, sondern an die Quellen des Einkommens an, die im Inland liegen. Das wesentliche Merkmal der beschränkten Steuerpflicht ist, dass nur die inländischen Einkünfte zur Einkommensteuer herangezogen werden. Welche Einkünfte als inländische Einkünfte gelten, ist in § 49 des Einkommensteuergesetzes abschließend aufgezählt. Die persönlichen Verhältnisse des Steuerpflichtigen bleiben bei dieser Form weitgehend unberücksichtigt; es obliegt dem Ansässigkeitsstaat, diesen Verhältnissen Rechnung zu tragen. Darüber hinaus existiert noch eine sogenannte „erweiterte beschränkte Steuerpflicht“, die die beschränkte Steuerpflicht auf jene Personen ausweitet, die • innerhalb der letzten zehn Jahre vor Beendigung ihrer unbeschränkten Steuerpflicht insgesamt mindestens fünf Jahre lang als deutsche Staatsangehörige unbeschränkt steuerpflichtig waren, • in ein Land mit niedriger Besteuerung ausgewandert sind und • auch danach noch wesentliche wirtschaftliche Interessen im Inland haben. Diese Personen sind bis zum Ablauf von zehn Jahren nach Abschluss des Jahres der Beendigung der unbeschränkten Steuerpflicht über die beschränkte Steuerpflicht hinaus beschränkt einkommensteuerpflichtig mit allen Einkünften, die nicht ausländische Einkünfte sind. Die Höhe des Steuersatzes richtet sich dabei nach dem Welteinkommen.
Dieser Beitrag wurde unter Fachbeiträge abgelegt.